Mentorin und Mentee sitzen mit etwas Abstand lächelnd auf einer Bank

17. November 2020

Mentoring: Salwa und Nancy über ihre Erfahrungen

Auf dem Sommerfest verabschiedeten wir als eines von 5 Mentoringpaaren auch Salwa und Nancy aus dem Projekt. Hier im Interview erzählen das Mentee und ihre Mentorin, wie sie ihr Mentoring erlebt haben. In unserem Mentoringprojekt Neukölln stehen ehrenamtliche Mentor*innen Neuköllner Oberschüler*innen ab der 8. Klasse unterstützend zur Seite.

Salwa kam vor 4 Jahren aus Österreich nach Berlin und macht jetzt ihr Abitur in Neukölln.

Weißt du noch, warum du dich entschieden hast beim Mentorenprojekt mitzumachen?

S: Ja. Weil ich wusste, dass ich eine Person brauche, die nicht meine Freundin ist, die auch nicht ein Teil der Familie ist. Mit der ich ich sein kann, mit der ich Sachen für die Schule machen kann, mit der ich auch über Persönliches reden kann.

Und dann hat Ursula Rettinger das Projekt an unserer Schule vorgestellt und es hat mich von Anfang an direkt interessiert.

Und bevor du eine Mentorin hattest. Wie war es da in der Schule?

S: Ich habe gemerkt, dass ich in der Schule nicht so die Beste war. Ich habe auch sehr oft in der Schule gefehlt.

Als ich noch in der 7. oder 8. Klasse war, habe ich mir überlegt, die Schule zu wechseln, weil es so anstrengend war lange so zu fahren. Am Anfang war ich so ein schüchternes Ding, saß immer allein rum und so weiter. Aber irgendwann wurde ich halt offener. So gegen Ende achter Klasse habe ich mich super mit den Leuten verstanden. Ich wurde engagierter in der Schule. Aber trotzdem hatte ich noch dieses Gefühl, dass da jemand fehlt, mit dem ich alleine über Sachen reden kann, ohne mich zurückhalten zu müssen.

Kannst du dich noch an euer erstes Treffen erinnern?

An diesen Tag kann ich mich so gut erinnern. Also, es war so, dass wir uns zu dritt mit Ursula Rettinger treffen wollten. Aber sie hatte noch was zu tun. Nancy und ich sind dann zum Körnerpark gelaufen und haben gequatscht. Sie war mir schon von Anfang an direkt sympathisch. Ich habe gleich gedacht, sie ist korrekt und so.

Und irgendwann kam auch Frau Rettinger dazu. Ich musste es mir kein zweites Mal überlegen. Ich wusste, dass Nancy einfach perfekt ist. Und dann wurde sie zu meiner Mentorin.

Wie hat sich euer Mentoring entwickelt?

S: Ich brauche ja ein bisschen Zeit, um Vertrauen aufzubauen. Bei Nancy war das auch so. Aber ich wusste, dass ich ihr vertrauen kann, dass ich mit ihr über alles reden kann.
Im ersten Jahr war ich ein bisschen schüchtern mit ihr. Aber im zweiten und jetzt im dritten Jahr viel offener. Vor allem jetzt im dritten Jahr, da hat sie viel mehr über mich erfahren. Jetzt reden wir einfach über alles. Auch sie erzählt mir Sachen von ihr, wo ich mir denke, okay – es ist schön, dass sie was von mir erfährt und ich von ihr. Nicht, dass es nur so einseitig ist. Das wäre so wie mit einer Therapeutin.

Letztes Jahr hat sie mir sehr geholfen bei der Praktikumssuche – beim Bewerbung schreiben, diese ganzen Formulare. Ich hatte nämlich mein Praktikum im Krankenhaus und die forderten richtig viel. Und da hat sie mich so krass doll unterstützt. Ich glaube, ich hätte das allein einfach nicht geschafft.

War das Praktikum denn gut?

S: Ja, super gut.

Was bedeutet dir dein Mentoring?

S: Nancy ist für mich eine Vertraute geworden. Ein Mensch, mit dem ich einfach offen über alles reden kann. Es ist eine Mischung aus Freundin, Familie, Mentorin – eine Mischung aus allem. Sie interessiert sich halt sehr für mich und auch für meine Probleme. Und deshalb würde ich mir sehr wünschen, dass in fünf Jahren, wenn ich in meinem Studium bin, sie immer noch an meiner Seite ist.

 


Nancy 34 Jahre, arbeitet als freie Journalistin beim Radio.

Weißt du noch, warum du dich entschieden hast beim Mentorenprojekt mitzumachen?

N: Weil ich mich gern in meiner Freizeit engagieren wollte und mich nicht nur um mich, meinen Job und mein Leben drehen wollte. Ich habe Lust gehabt, auch was für andere zu machen, mich irgendwo einzusetzen. Dann habe ich mich informiert, habe über einen Freund von der Bürgerstiftung gehört und gedacht, das sei ein gutes Projekt für mich, wo ich das Gefühl habe, da könnte ich vielleicht etwas weitergeben.

Irgendwann bin ich dann zu so einem (Mentoren)Treffen und fand es nett. Mit meinem ersten Mentee hat es nicht so gut gematcht. Aber mit Salwa – das war dann die zweite, die ich kennengelernt habe – war es super.

Kannst du dich noch an euer erstes Treffen erinnern?

N: Ich überleg gerade, ob das der Karneval der Kulturen war? Oder ob das schon das zweite war? Denn das habe ich immer als erstes Treffen verankert. Aber ich glaube, das erste war wahrscheinlich mit Ursula Rettinger.

Der Karneval der Kulturen war witzig. Sie war da ja noch nicht so lange in Berlin und super geflasht. Wir sind rumgelaufen und haben Eis gegessen. Und ich fand es toll, dass ihr das so gut gefallen hat.

Wie hat sich euer Mentoring entwickelt?

N: Das erste Jahr war eher noch kennenlernen, Zeit verbringen und reden, über Familie und solche Sachen. Wir haben erst im zweiten Jahr mehr in der Bibliothek und für den MSA gemacht.

Bei uns war es nicht so, dass wir zusammen viel lernen mussten. Das haben wir auch gemacht, für Mathe oder so, aber vor allem diese gröberen Richtungen. Wir haben uns zum Beispiel zusammen um ihr Praktikum an der Charité gekümmert. Das war ein echt bürokratischer Ritt. Es hat uns wochenlang beschäftigt. Da brauchte sie einfach jemanden, der sie an die Hand nimmt und sie unterstützt. Wir haben uns beide total gefreut, dass es geklappt hat. Das Praktikum hat ihr auch super Spaß gemacht.

Mittlerweile ist es zwischen uns freundschaftlich – nicht hierarchisch, sondern auf Augenhöhe. Gerade jetzt, wo Salwa die neue Schule hat, und ich schwanger bin, haben wir viele Themen, die uns aneinander interessieren.

Was bedeutet dir dein Mentoring?

N: Ich habe ganz viel von ihr gelernt. Das fand ich die coolste Erkenntnis. Salwa ist jemand, die sich super engagiert. Sie ist in der Schule sehr aktiv und hat gleichzeitig ihre Geschwister, um die sie sich viel kümmert. Das habe ich echt bewundert, wie sie das alles so schafft und wegsteckt und trotzdem auch immer Zeit für uns hatte.

Was findest du am Mentorenprojekt gut?

Ich finde, es ist ein Projekt, bei dem sehr unterschiedliche Gruppen zusammen kommen: Meine Bubble der Akademiker um die 30 und deren Bubble der Teenager an einer sogenannten „Brennpunktschule“ – die beiden Welten treffen sich sonst viel zu selten. Wie auch? Es sei denn, man macht halt so etwas und lernt sich ganz bewusst kennen. Für mich war es total bereichernd, weil ich ganz viele Einblicke dadurch hatte. Und im besten Fall ist es ja auch so etwas wie eine Freundschaft, die dabei herauskommt.

 


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